Mit Freude bin ich Partnerin im WTM-Netzwerk geworden. Schon vor unserem ersten Kontaktgespräch fragte mich Ulrike Mas, ob ich die „Haltung“, auf die der WTM-Gedanke aufbaut, mittragen und unterstützen könne. Ich kann.
Und deswegen widme ich heute meinen ersten Blogeintrag einem „Haltungsthema“, das sich meist unsichtbar im Untergrund bewegt, das aber sowohl Beratungs- und Trainingstätigkeit, als auch unternehmerisches Handeln beeinflusst: Redlichkeit und Moral.
Meine Gedanken hierzu wurden durch die Lektüre von Dan Arielys Buch „Denken hilft zwar, nützt aber nichts“ angeregt. Er berichtet u.a. über eine Vielzahl von spannenden Experimenten zu diesem Thema.
Lange Zeit war Redlichkeit und Moral ein „Sofathema“ für die ewig Altmodischen, die nicht erkannt hatten, dass die moderne Businesswelt nur funktionieren kann, wenn man mit den konservativen Werten wie Anstand und Ehrlichkeit ein wenig „flexibel“ umgeht. Führungskräfte machten mit, duldeten es oder sahen nicht hin. Erst der große Siemens-Bestechungsskandal führte dazu, dass die deutschen Unternehmen aufgerüttelt wurden… und von da an zogen die Compliance-Officers sogar in die Vorstandsetagen ein. Und die Mitarbeiter stöhnten über endlose Formulare, nicht nachvollziehbare Verbote und eine hohe Praxisferne der genehmigenden Stellen.
Bringen uns diese Aktivitäten weiter?
Sie sind sinnvoll, wenn Sie nachvollziehbar, situationsgerecht und immer wieder in unterschiedlichen Facetten kommuniziert werden. Dan Ariely zeigte in Experimenten, dass die Rekapitulation der 10 Gebote oder die Unterschrift unter einer Ehrenerklärung die Ehrlichkeit im darauffolgenden Experiment steigerte. Auch die Kommunikation von konkret akzeptiertem und nicht-akzeptiertem Verhalten kann Sicherheit bringen. Genauso wie ein ehrlich und gemeinsam entwickeltes, verständliches Unternehmensleitbild. Diese Sicherheit über die moralischen Grundfeste kann zudem verhindern, dass aus Angst vor einer Regelverletzung selbständiges, unternehmerisches Handeln blockiert wird.
Hilfreich ist sicher auch, wenn die Einhaltung der Compliance-Regeln mit Wissen der Teilnehmern offen überprüft wird. Dan Ariely konnte zeigen, dass die Ehrlichkeit stieg, wenn die Teilnehmer der Experimente fürchten mussten, dass ihre Schwindeleien entdeckt werden.
Ich glaube, dass wir jedoch auch in eine andere Richtung denken müssen. Hin zu den kleinen Schwindeleien und Unehrlichkeiten im beruflichen Alltag. Geld aus der Kasse würden die Allerwenigsten nehmen, die unternehmenseigenen Stifte, Druckerpapiere und Baumaterialien werden jedoch gerne auch zu Hause benutzt. Auch Geschenken Externer werden immer noch willig mitgenommen. Dahinter stecken meistens zwei Aspekte:
„Das tut dem Unternehmen doch nicht weh!“
und
„Das habe ich mir verdient!“
Ariely zeigte, dass die Schwelle (Unternehmens)-Eigentum mitzunehmen deutlich sank, wenn die Gegenstände mit Preisen versehen waren. Dann klaute man ja quasi Geld, ein Vorgang bei dem wesentlich höhere Hemmschwellen existieren. Es tat dem Unternehmen ja doch „weh“.
Auch mit dem Aspekt, dass die Mitarbeiter meinen, dass sie sich dies verdient haben, kann man umgehen. So ist es hilfreich, wenn es im unternehmerischen Alltag außer der Reihe kleine, unerwartete und nicht monetäre Belohnungen gibt. Diese schlagen sich höchstens als geldwerter Vorteil in der Gehaltsabrechnung nieder, führen jedoch zu der einen oder anderen positiven Überraschung für zu Hause. Dies kann die soziale Anerkennung im privaten Umfeld erhöhen, weil es sichtbarer und leichter kommunzierbar ist als eine konkrete Gehaltserhöhung oder ein monetärer Bonus.
Und last but not least. Es sind die Vorgesetzten, deren Verhalten von den Mitarbeitern sehr genau beobachtet und gewertet wird. Mitarbeiter nehmen es wahr, wenn auch Vorgesetzte ihren eigenen Kaffee mitbringen, ihre Privatbriefe nicht von der Sekretärin schreiben lassen und darauf achten, dass der firmeneigene Fahrdienst nicht auch die eigene Steuererklärung zum Finanzamt bringt.
Vielleicht ist es mühsamer, manches Thema auf die ehrliche Art zu lösen aber eines ist sicher: Sie schlafen entspannter und die nächste Compliance-Aufregung in ihrem Unternehmen lässt Sie völlig kalt.