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Mrz

Neulich hörte ich die Frage: „Und was ist deine Mission?“ Gemeint war wohl eher: „Was ist deine Aufgabe?“ Und dann war sie da, die Frage: Wie kommt man für gewöhnlich zu einer Aufgabe? Wer erinnert sich nicht an die Schule mit ihren Hausaufgaben? Haben die Ihnen Spaß gemacht? Und auch im Berufsleben sind viele Aufgaben ja eher Belastung als Freude. Will man das wirklich? Ist die Erledigung eher mit Anstrengung oder mit Freude und Drang verbunden? Warum tun wir soetwas?

Und die Lebensaufgabe? Welche Aufgabe bekommen wir von unserer Umgebung gestellt, oft ohne sie wirklich zu erkennen, von den Freunden, von der Familie, von den Eltern? Und wenn wir sie nicht erkennen können, haben wir auch keine echte Chance, sie abzulehnen. „Werde eine erfolgreiche Führungskraft!“ „Sei verantwortlich für eing glückliche Familie!“ „Werde reich!“

Wer denkt schon darüber nach, woher der eigene Wunsch nach Karriere, familiärer Harmonie oder Status kommt? Darf man überhaupt darüber nachdenken? Oft stecken dahinter Grundüberzeugungen, die nicht in Frage gestellt werden dürfen. Andernfalls drohen ernsthafte Konflikte im sozialen Umfeld. Wer aus der Familientradition ausschert, ist ganz schnell ein schwarzes Schaf.

Anders herum wird es auch nicht besser: Was ist denn, wenn ich eine ungeliebte Aufgabe nicht erfüllen kann, da mir nicht nur die Mittel fehlen, sondern auch die Lust? Ja, dann werde ich scheitern. Welche Schande! „Schäm dich!“

Scham ist eines der mächtigsten Werkzeuge, die unsere Einstellungen steuern. Kaum etwas ist so geeignet, uns zum Erfüllen von Ansprüchen zu bringen wie der Satz „Schäm dich!“ Dieser Satz ist so mächtig, dass wir gar nicht darüber nachdenken (können), ob das, was wir tun, für uns sinnvoll ist oder nicht. Wir tun es einfach – oder nicht. Und wenn wir es nicht schaffen, haben wir versagt, ist unsere Mission gescheitert.

Das Interessante daran ist: Scheitern, Schande, Scham sind Dinge, die nicht mit uns zu tun haben. Auf einer einsamen Insel spielen sie überhaupt keine Rolle. Sie kommen von außen. Sie entstehen, wenn Aufgaben, Werte und Normen von unserem Umfeld an uns herangetragen werden, ohne dass wir uns dessen bewusst sind. Und doppelt schwer wird es, sie zu identifizieren, wenn wir sie verinnerlicht haben.

Was andererseits bedeutet: wir können nur an den Anforderungen von außen Scheitern, nicht an uns selbst. Und das ist ja dann die gute Nachricht. Im Scheitern haben wir die Möglichkeit, zu uns selbst zu finden. Wir können uns klarmachen, was unser Eigenes ist und dem, was wir weder können noch wollen, eine Absage erteilen. Letztlich ist Scheitern ein zwar schmerzhafter, aber wirkungsvoller Weg zu unserem wirklichen Ich.

Erst wenn wir aufgeben, wenn wir uns klar machen, dass wir die uns gestellten Aufgaben nicht schaffen, haben wir die Chance Erlösung und Befreiung zu erfahren. Manchmal ist Aufgeben unsere Aufgabe.