15
Mai

Ich sitze am Computer und bereite gerade einen Vortrag über Projektmanagement vor. Im Hinter-grund läuft ein Jazz Stück, das mich spontan an die Zeit erinnert, in der ich in Clubs und Kellern mit meiner eigenen Jazz Band gespielt habe. Meine Anfänge als Jazzmusiker sind schon etliche Jahre her und ich erinnere mich noch, wie es war, als ich meine erste Band gegründet habe.

Ich musste damals, nachdem ich einige Stücke komponiert hatte, Personen zusammensuchen, die zum Ganzen passen, die ihre Instrumente beherrschen und an der gemeinsamen Richtung interessiert sind. Musiker mit denen man vertrauensvoll kooperieren kann und die in allen Lagen verlässlich sind und bleiben.

Diese Zeit hat mich nachhaltig geprägt. Manchmal habe ich einen nicht so erfahrenen, aber dafür hochmotivierten, Anfänger einem Virtuosen bevorzugt, wenn es gepasst hat. Meine Erfahrungen damit waren durchweg gut. Die Motivation spielt oft eine größere Rolle als nur das bare Können. Wie war das damals genau und was hat das mit Projektmanagement zu tun? Ich staune, wie viel Parallelen es gibt, die mir jetzt ganz plötzlich bewusst werden.

Ich erinnere mich noch sehr gut als mir ein Kollege und Projektleiter einmal sagte, er fühle sich wie einzementiert, denn sein Projekt stagniere geradezu und er wüsste einfach nicht mehr weiter. Es hatte alles wunderbar angefangen. Aber jetzt fühle er sich, als wenn er einen schweren Tanker mit einem Finger in eine andere Richtung lenken müsse und langsam fehle die Kraft.
Was war geschehen?

Anfangs scheint bei vielen Projekten alles in guten Bahnen zu laufen. Aber mit fortschreitendem Projektverlauf fallen so manches Mal Dinge auf, die in der Erst-Planung vergessen wurden oder es treten unvorhergesehene Störfaktoren auf. Wie gehen wir damit um im Projekt?  „Ach ja, das schaffen wir noch unterzubringen“. Termine werden überschritten. „Das kriegen wir noch“. „Wir haben noch Reserven“. Die Wochen und Monate vergehen. Dinge bleiben unausgesprochen, unadressiert und damit ungelöst. Die Last wächst, bis eines Tages die Wahrheit sich unerbittlich Bahn bricht und man Farbe über nicht erfüllbare Projektziele bekennen muss, weil es nicht mehr anders geht.

Wenn es im Jazz, aus welchem Grund auch immer, disharmonisch wird, wird man, gerade dann, noch stärker aufeinander achten und zuhören, um gemeinsam die Harmonie und den Takt möglichst schnell wiederzufinden und dabei das Stück nicht abbrechen zu müssen. Es braucht dabei lösungs-orientierte Kreativität in Verbindung mit Intuition und Vertrauen. Lösungen passieren dann spontan im Gleichklang aller.

Ich würde mir wünschen viele Projektverantwortliche und Projektmitarbeiter würden sich mehr am Vorbild Jazz anlehnen. Ich sollte mehr darüber sprechen und dies in meine Vorträge einbauen. Gehen Sie doch einmal auf ein Konzert und beobachten Sie es dort.